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Green Brands Deutschland 2013

11 GREEN BRANDS riere vor dem Gewissen rangieren. Sagen Sie ihnen: Fairness gegenüber anderen ist ein Luxus für Loser. Nehmen Sie den Kindern jeden Anflug von Zivilcourage. Bereiten sie ihre Kin- der von klein auf darauf vor, dass das, was die etablierten ge- sellschaftlichen Kräfte planen und machen, alternativlos ist, dass es keinen Sinn macht, sogenannte Sachzwänge zu hin- terfragen. Reden Sie niemals über das Leben von Menschen wie Mahatma Gandhi, Albert Schweitzer, Mutter Theresa. De- ren Vorbild ist gefährlich, denn sie haben aus der Kraft ihrer Überzeugung den langen Atem geschöpft, der ihren konsum- fernen Ideen zum Durchbruch verholfen hat.Sorgen Sie dafür, dass Kinder so viele Mainstream-Plattheiten lernen müssen, dass sie keine Zeit dazu haben, selber zu denken oder Bücher zu lesen,die nicht auf dem Lehrplan stehen.In jedem Fall soll- te ihr Kind mehr simsen als bimsen und seine Gehirntätigkeit an den Computer outsourcen. Ax: Reicht das noch nicht? Nein. Eine vierte strategische Zielvorgabe fehlt noch. Entmen- schen sie die Menschen zu Konsumenten. Suggerieren Sie ihnen ein Recht auf Genuss ohne Verantwortung. Verschwei- gen Sie den Zusammenhang zwischen Rechten und Pflichten, echter Freude und Arbeit,Vergnügen und Leistung.Sorgen Sie dafür, dass sie nichts mehr können, außer zu konsumieren. Erklären sie der Genügsamkeit den Krieg. Besetzen Sie das Fühlen und Denken der Menschen mit Werbeversprechun- gen. Machen Sie ihnen klar, dass jeder nur das wert ist, was er hat und was er sich leisten kann. Und lassen sie kritische Fra- gen nach dem Nutzen der Produkte nicht zu. Gönnen sie den Konsumenten keine Ruhe. Schüren sie ihren Hunger nach Ab- wechslung, nach immer neuen Genussvarianten und Vergnü- gungsorten. Entwickeln Sie den Terror der Reize zu einem Mit- tel,die Bedürfnisse der Menschen immer weiter zu entfachen. Erklären Sie Schlichtheit in der Lebensführung zu einem un- coolen Spielverderbertum.Und bekämpfen Sie die Stille.Denn in der Stille könnte der potentielle Kunde zu seinen tiefsten Bedürfnissen und seiner eigentlichen Bestimmung zurückfin- den. Seine Frage nach dem Sinn wäre nachfrageschädlich. Ax: Lieber Herr Dr. Winter. Nun gut. Das kann eine ganze Weile funktionieren. Aber was mache ich, wenn diese Ent- wicklung dann irgendwann an ihre Grenzen stößt? Weil z.B. die Ressourcen knapp werden? Gerade hier setzt meine fünfte strategische Zielvorgabe an: Sorgen Sie dafür, dass das Bekenntnis zu Wirtschaftswachs- tum in jeder Politikerrede und in allen politischen Kommen- taren am Anfang und am Ende steht. Dieser Glaubenssatz muss alle anderen Religionen verdrängen. Sammeln Sie alle Argumente, die für ein bedingungsloses Wirtschaftswachs- tum sprechen und wiederholen Sie bei jeder Gelegenheit die Lebensweisheiten: „Heute ist heute!“, „Kasse ist Kasse!“ und „Es ist noch immer gut gegangen!“ Ignorieren Sie den Preis, den unsere Kinder für dieses scheinbare Perpetuum mobile zahlen werden. Machen Sie unmissverständlich klar: Die Ge- genwart ist das Hemd, die Zukunft die Jacke. Sorgen Sie da- für, dass nur diejenigen Männer und Frauen Geschäftsführer, Aufsichtsräte oder Abgeordnete werden, die daran glauben, dass es einzig und allein auf die kollektiven Konsumchancen innerhalb der nächsten fünf Jahre und die eigene Wieder- wahl ankommt. Und wenn es schließlich unvermeidlich ist, sich mit langfris- tigen Fragen zur Sicherung der Zukunft unserer Biosphäre und der menschlichen Zivilisation zu beschäftigen, dann gründen Sie dafür Ausschüsse und Enquetekommissionen, laden Sie möglichst viele Experten ein, die sich gegenseitig widersprechen und erklären Sie immer wieder, dass wir noch Forschungsbedarf haben. Machen Sie niemals ernst mit der Frage, wie die Schadstoffüberlastung der Umwelt gebremst werden kann, wie man dem Raubbau an lebensnotwendigen Ressourcen vorbeugen soll. Ax: Dass ich eine Gelegenheit haben würde, des Teufels Ge- neral zu interviewen,damit habe ich nicht gerechnet.Das ist ein sehr,sehr düsteres Bild.Soviel ich weiß,haben Sie persön- lich Ihr Engagement nicht eingestellt.Was können wir tun? Als Schachspieler muss man alle denkbaren Züge des Geg- ners durchdenken. Nur dann hat man eine Chance, zu gewin- nen. Ich habe eben beschrieben, mit welchen Strategien und mit welchen konkreten Maßnahmen die totale Kommerzia- lisierung vorangetrieben werden könnte. Die hypothetische teuflische Strategie ist nicht weit von dem entfernt, was wir tatsächlich beobachten. Sie liefert uns auch den Maßstab für unser eigenes Verhalten. Als erstes müssen wir uns fragen, wo wir selbst stehen. Sind wir Teil dieses teuflischen Plans, oder sind wir ein Teil seiner Vereitelung. Obwohl ich selbst ein Unternehmer bin, muss ich zugestehen, dass unser Wirtschaftsleben derzeit immer noch die totale Kommerzialisierung begünstigt. Die Globali- sierung, das Internet und die zunehmende Verbreitung von Genmanipulationen multiplizieren die Gefährdung unserer Biosphäre. Ich habe manchmal den Eindruck, dass sich die Summe aller kommerziellen Egoismen in eine weltweite Kommerzialisierungswalze verwandelt und sich die vielen kleinen Brandherde zu einem Feuersturm vereinigen, der frü- her oder später zu Ressourcenkriegen führt und unbeherrsch- bar wird. Ax: Sie zeichnen ein sehr düsteres Bild. Macht es denn über- haupt noch Sinn, sich gegen diese Entwicklung zu wehren? Ist es dann nicht logisch, es sich wie auf der Titanic bis zur letzten Sekunde gut gehen zu lassen? Ich gebe Ihnen Recht, dass man aus psychologischer Vorsicht die Schilderung der Apokalypse nicht übertreiben soll.Und ich sehe auch Ermutigendes. Es gibt immer mehr Unternehmer, die sich dieser Entwicklung mit großem Engagement entge- genstemmen und an Lösungen arbeiten. Jedes Produkt und jede Dienstleistung, in der sich unternehmerisches Verant- wortungsbewusstsein spiegelt, verdient unsere Wertschät- zung. Länder wie Österreich, Deutschland und die Schweiz brauchen sich – bei allem umweltpolitischen Handlungsbe- darf – im internationalen Vergleich nicht zu verstecken. Es gibt auch immer mehr Bürger und junge, kreative Menschen,

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