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GreenBrands Germany 2015

10 Dr. Friedrich Hinterberger: Seit 30 Jahren wird weltweit an der Nachhaltigkeit gearbeitet.Wo stehen wir heute? Friedrich Schmidt-Bleek: Trotz aller Beteuerungen sind wir der Nachhaltigkeit bis heute nicht nähergekommen. Ganz im Gegenteil. Es wird immer schlimmer mit der Verlässlichkeit unseres Planeten. Der Klimawandel ist leider nur eines unsrer großen Probleme. Woran liegt das? Der schädigende Einfluss der heutigen Technik auf die uns tragende Erde ist zweierlei Natur. Einerseits vergiften wir die Umwelt. Das ist der altbekannte Inhalt unserer Umwelt- politik. Nachsorgend wird, wo immer möglich, die Situation verbessert. Design kann dabei durch Vermeidung von Gefahr- stoffen helfen. Nachsorge aber hat noch nie und nirgends zu nachhaltigen Verhältnissen geführt. Wir rütteln an der Sta- bilität unserer Lebensgrundlagen durch den unglaublich gro- ßen und unnötigen Verbrauch von Ressourcen. Was brauchen wir also noch? Ihr Smartphone zum Beispiel hat fast 70 Kg Natur gekostet; da ist das Wasser noch gar nicht mitgerechnet. Das heißt, sein ökologischer Rucksack ist etwa 600 Mal so schwer wie das Gerät selbst. Ein VW Golf verbraucht, von der Wiege bis zur Wiege gerechnet,pro Kilometer nahezu 500 Gramm feste Natur. Da sind ja die Emissionen, über die so viel geredet wird, nur ein Bruchteil davon. Genau! Sie merken: für Zukunft mit Zukunft muss Technik ganz anders werden. Aber warum ist die Technik so, wie sie ist? Das verstehe ich – offen gestanden – auch nicht. Material- und Rohstoffkosten sind mit 45 % der mit Abstand größte Kostenblock im produzierenden Gewerbe. Daher sollte und könnte Ressourcenschutz zum Innovationstreiber in Unter- nehmen werden – für mehr Wettbewerbsfähigkeit, Arbeits- plätze und Umweltschutz. Was bedeutet das konkret? Wir müssen immer darüber nachdenken, welche Dienstleis- tung ein Produkt eigentlich erfüllen soll:gutesWohnen erfor- dert nicht unbedingt ein Haus, Mobilität nicht unbedingt ein Auto. Jede Erfüllung solcher Dienste muss bei hoher Qualität mit so wenig Material, technischer Energie, Wasser und Flä- che wie irgend möglich hergestellt werden – und zwar über die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet. Wie geht das? Langlebigkeit und Reparierbarkeit sind zwei entscheidende Kriterien. So ist es möglich, heute schon 50-80 % der gesam- ten Ressourcen, die für eine Dienstleistung aufgewendet werden, zu sparen. Systemweit ist ein Faktor 10 und mehr möglich Das spart ja auch Geld! Genau! Nur so kann die deutsche und europäischeWirtschaft wettbewerbsfähig bleiben. Wenn wir da nicht aufpassen, machen’s die andern. Wo sehen Sie die größten Potentiale? Natürlich müssen wir dort beginnen, wo’s am meisten brennt, weil der Großteil aller Ressourcen dort eingesetzt wird: Mobilität, Bauen, Nahrungsmittel, aber auch die Ener- gieherstellung. Den materiellen Fußabdruck minimieren Interview mit Prof. Friedrich Schmidt-Bleek, ein Pionier der Ressourcenwende und Erfinder des Faktor 10 Konzepts. Er ist Grün- dungs-Vizepräsident des Wuppertal Instituts, arbeitete als Abteilungsleiter in der OECD und im IIASA und ist außerdem Initi- ator des World Resources Forum Davos und des Factor 10 Institute. 2001 wurde er mit dem Takeda World Environment Award ausgezeichnet. Schmidt-Bleek ist Autor zahlreicher Bücher und Veröffentlichungen.

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